Sonntag, 9. November 2014

Di 4.11.14 - Einfallskunde: Kreativitätsspiele

Kurztext:

Ziel des Abends war es, zu zeigen, dass man aus einer einzigen und notfalls auch völlig mißglückten Studie oder Skizze mit etwas Auseinandersetzung zu überraschenden Resultaten kommen kann.
Ich habe 4 Stationen so eingerichtet, dass an jeder einzelnen unabhängig von den anderen eine jeweils neue Sicht auf die jeweilige Skizze fällt und man so auf unterschiedliche Weise eine weiterführende Idee provoziert.
Das ist, wie man den angehängten Resultaten entnehmen kann, mehr als gelungen.

Bitte denkt daran, die Stationen sind keine aufeinander aufbauenden Schritte, sondern jede Station ist autonom und hat ihr eigenes Problem, Thema und Vorgehen, sodass jede für sich allein schon genügend Möglichkeiten und Variationen ermöglicht.

Jede Station hat bewußt auch einen "Spielort", eine räumliche Situation, die einen Merkort darstellt.


Station   "ENCOUNTER" - WAND:
Bei "Encounter" (to meet (someone) unexpectedly - auf etwas Unvorhergesehenes treffen, von einem unbekannten Problem herausgefordert sein)  geht es darum, entweder eine schon vorhandene Skizze oder besser noch sogar ein leeres Blatt (also eine den Schmerz der Einfallslosigkeit repräsentierende Situation), so lange hin- und herzuwenden, zu segmentieren, zu zerlegen, zergliedern, zerschneiden, bis man in den unzähligen Möglichkeiten diese eine entdeckt, die einen jetzt, hier und heute trifft, angeht und nach Bearbeitung ruft.
Also: Montagen aus den Schnipseln, Rekombinationen, Neugruppierungen, Ausschnittsvergrößerung, überhaupt Ausschnitte, Platzierungen, Größen etc. durchspielen.

Werkzeuge: Passepartouts, Auswahlfenster, Abdeckrahmen, Messer, Schere (evtl. auch Kopierer, dass man nicht die Originalskizze gezwungen ist zu zerstören).

In der Regel gehe ich auch so vor, dass ich tatsächlich von einem Stapel leerer A4 Blätter jedes einzelne mit Skribbels, Zufallsformen, Ansätzen etc. versehe und dieses Material gleich ohne zu werten !!! an die Wand pinne, dann lange und genau anschaue, hinundherwende, ausschneide, herauslöse, vergrössere, verkleinere - bis ich eine Bildidee sehe oder spüre. Ich stelle den so erspielten oder gefundenen Einfall auch einmal gerne auf den Kopf, drehe ihn in verschiedene Richtungen, spiele Platzierungen etc (s.o.) durch.
In dem Prozess kann es auch gut sein, einmal den Raum für eine Weile zu verlassen und beim Zurückkommen zu erleben, wo der Blick zuerst verweilt - das ist dann oft womöglich der produktivste Ansatz, der die Mühe lohnt.



Station "Blinde Spur" - TISCH:
Hier braucht es eine wo auch immer herstammende Skizze oder Vorlage - also etwas, das man dem Blick und dem Auge überlassen kann.
Es geht hier im Kern darum, die Zeichenhand ohne Wertung und Kontrolle quasi als seismografisches Instrument einzusetzen und genau zu beobachten, was das Auge mit dem sichtbaren Objekt macht. Eine Übung, die wir ja bereits dauernd beim Blindzeichnen üben.
Die Stärke der Station ist es, dass man mit einfachstem Werkzeug dabei x Versionen eines Seh- und Zeichenaktes generiert und eine Menge unterschiedlicher Formulierungen des Ausgangsproblems (etwa: Stehende) erzeugt (die man an den anderen Stationen weiter durch die Mangel drehen kann...)

Werkzeuge: Bleistift, Papier + diszipliniertes Wegschauen vom Zeichenblatt und Hinschauen auf die Vorlage!



Station "Reduktion" - STAFFELEI:

Grundidee ist hier die Zurücknahme, das Ausdünnen, das Weglassen. Man erforscht hier, wie weit man gehen kann im "Weglassen" oder "Wenigertun" - und ob und wie trotzdem noch erhalten bleibt, was man sich bildnerisch vorgestellt hat.
Der Einsatz der weissen Acrylfarbe an diesem Abend steht stellvertretend für alle Werkzeuge, die wegnehmen, abtragen, löschen, reduzieren, ja ich sage auch bewußt, zerstören können. Destruktion gehört in Teilen unbedingt in den Prozess, der immer ein Spiel aus Aufbauenden und Abbauenden Kräften ist - das gehört in den schöpferischen Akt, unbedingt!

Werkzeuge:Alle Löschmittel (weisse, deckende Farbe, Radierer, Sprays, Folien, Papier, Halbtransparenzfolien, Messer, Schere etc)



Station "Gross. Schwer" - BODEN:

Gross und schwer (=schwierig, schwer zu beherrschen, schwer formuliert, fett, frech, rotzig, ungestüm...) will heissen, dass man sich hier völlig vom üblichen Kleinklein und Schönschön befreien muss, den größeren Maßstab anpeilt und sich auch noch das Zeicheninstrument  so "verfremdet", daß man dabei unversehens völlig aus den Gewohnheiten, der "comfort zone", dem gewohnten Gleis kommt.

Beispielsweise, indem man einen Pinsel an eine Verlängerung bindet (Ast, Latte, Besenstiel) und so schon automatisch ein anderer Duktus entsteht. Die große Dimension, die das erfordert, tut ihr Übriges zur neuen Sicht auf das vorbereitete Motiv. Voraussetzung kann es sein, dass man schon eine Skizze als Ausgangspunkt hat, gern aber kann man auch hier bei Null anfangen und so das Material erzeugen, das man mit Hilfe der anderen Stationen genauer abklopft.
Für Fortgeschrittene: Mit links und einer wackligen Verlängerung zeichnen oder malen...
Werkzeuge: Stange, Latte, Ast, Besenstiel. Klebeband. Pinsel, grobe Stifte. Farbe. Schwämme. Rollen.

Mein Vorschlag für die kommenden "aktfreien" Dienstage ist es, die einzelnen Stationen jede für sich genauer unter die Lupe zu nehmen und vorhandene, an den Aktabenden entstandene Skizzen zu verarbeiten.

Resultate:
(Hier werde ich nach und nach hochladen, was an diesem Abend entstanden ist. Leider haben wir nicht die Ausgangsskizzen dokumentiert - was ich künftig unbedingt machen werde...).











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