- Statt Gejammer: Versuch einer Unterrichtsstiländerung (Mehr Fun + andere Art der Info).
Im kommenden Jahr nehme ich mir vor, die Inhalte sehr zügig und gerafft stichwortartig vorzutragen, max 20-30 Min zu Beginn des Abends. Diesen Blog werde ich dazu nutzen, denjenigen, die mehr wissen wollen per Text, Abbildungen und Links alles Genauere zu zeigen.
- Kurze Anmerkung zum klassischen, modellierenden Zeichnen und allgemein zur kultivierten oder wilden Schraffur,
- Anwendung auf Studienkopf bei Bedarf als Angebot einer 1std. DEMO nächste Woche.
- Erklärung und Anwendung des Zeichenrituals (Text und Umsetzung)
Voraussetzungen:
Keine - oder alles Bisherige..
Folien:
Beispiel:
Der folgende Text scheint euch nur bekannt zu sein, da ich ihn über die Zeit in unserem Kurs schon einige Male vorgestellt habe. Ich formuliere ihn aber ständig neu und um, da er immer noch nicht die Form hat, die ich für endgültig und genügend halte. Er entsteht immer parallel zu dem, was ich in meinen Kursen beobachte und reagiert auf das, was ich als Verständnisprobleme annehme. Was den Dozenten in mir kitzelt bis er spricht...
Der Text wird also immer "work in progress" bleiben, soll aber immer auf dem neuesten Stand den Kern meiner Unterrichtsbemühungen formulieren. Und ist damit sozusagen die Essenz meiner Kurse.
Deshalb hänge ich ihn ab jetzt immer an den Schluß des Abendprotokolls.
Geschwurbeltes und Poesieanfälle inklusive, mitunter auch kalkulierte Verunklarungen, die aber Vermutungen anfachen sollen, ebenso.
Nehmt daraus, was passt oder ignoriert es einfach, lächelt und denkt, so ist er halt...
Nehmt daraus, was passt oder ignoriert es einfach, lächelt und denkt, so ist er halt...
Der Text aber beschreibt, wie unser von mir so genanntes "Zeichenritual" aufgebaut ist und wie es , regelmässig angewandt, euren fortgesetzten Lernprozess unterstützen soll, kann, darf....:
Schritte des Zeichenrituals:
1.SCHRITT:
Vom "ICH"
Gesten Zeichnen. Emotion pictures. Alles vermeiden, was dabei einengt: Keine Maße! Keine Umrisse! Keine Symbole für Körperteile! Möglichst nicht mit dem Umriss anfangen, der insgeheim ja immer gern als Maßstab zuerst gesetzt wird! Denn dann ist man schon im Kopf - und hat verloren! Lieber also möglichst aus der Mitte der Form heraus zeichnen. Zu Beginn ruhig ein einziges Geknäuel, das sich nur allmählich humanoid entwickeln darf!
Raus damit, irgendwie und irgendwas! Gerade und Krumme und Unregelmäßige. Etwas aufs Blatt bringen. Anfangen, irgendwie. Drauflos zeichnen: Erst einmal immer von 0 an, völlig frei aus dem Bauch, direkt und expressiv, ohne Rücksicht auf Regeln und Ähnlichkeit. Heftiges Skribbeln. So, wie es jetzt gerade aus mir aufs Blatt kann oder will oder muß. Wie Freistilringen oder -schwimmen. Ortung. Selbstortung. Bewegen, Stehen, Atmen, Tun. Ähnlichkeit ist total egal. Allenfalls eine Wahrnehmung von Unterschieden der Linienqualität, je nach Laune und Stimmung. Das zu erkennen ist erst einmal wichtiger: Fühl ich, bin ich heute staccato oder legato…? Laut oder leise? Stark oder schwach? Schnell oder langsam? Das Modell ist jetzt einmal nur ganz vager Anlass für meine spontane Äusserung. Diese reicht von zärtlich bis vehement, und das bildet die Spur der griffelhaltenden Hand als belebte Linie ab. Mehr oder weniger kontrollierter Kritzelanfall sozusagen. Allenfalls da und dort mal ein vages, flüchtiges Beobachtungselement (etwa: Figur steht, also hau ich vertikale Linienscharen hin…)
Raus damit, irgendwie und irgendwas! Gerade und Krumme und Unregelmäßige. Etwas aufs Blatt bringen. Anfangen, irgendwie. Drauflos zeichnen: Erst einmal immer von 0 an, völlig frei aus dem Bauch, direkt und expressiv, ohne Rücksicht auf Regeln und Ähnlichkeit. Heftiges Skribbeln. So, wie es jetzt gerade aus mir aufs Blatt kann oder will oder muß. Wie Freistilringen oder -schwimmen. Ortung. Selbstortung. Bewegen, Stehen, Atmen, Tun. Ähnlichkeit ist total egal. Allenfalls eine Wahrnehmung von Unterschieden der Linienqualität, je nach Laune und Stimmung. Das zu erkennen ist erst einmal wichtiger: Fühl ich, bin ich heute staccato oder legato…? Laut oder leise? Stark oder schwach? Schnell oder langsam? Das Modell ist jetzt einmal nur ganz vager Anlass für meine spontane Äusserung. Diese reicht von zärtlich bis vehement, und das bildet die Spur der griffelhaltenden Hand als belebte Linie ab. Mehr oder weniger kontrollierter Kritzelanfall sozusagen. Allenfalls da und dort mal ein vages, flüchtiges Beobachtungselement (etwa: Figur steht, also hau ich vertikale Linienscharen hin…)
Hier zähl erst mal nur ICH...und werd dabei allmählich warm...
(1 Minute Posen-Sequenzen)
Zum "DU"
Gestisches, empathisches zeichnen. Allmähliches Ein-fühlen beim Gucken, dann das Ganze Schauen. Entdecken. Abtastend im summarischen Blick. Was begegnet mir da? Was tut es? Nicht: Was genau ist es. Mutmassungen darüber, was sich wohl da vor mir im Raum ausdrückt, darstellt. Simple Feststellungen: Modell hat Kopf, der biegt an der Stelle so oder ungefähr so, oder vielleicht doch eher so...oder doch ganz anders... locker, locker, tausend Reuestriche, von denen keiner absolut und richtig sein muss…Aber dafür Protokoll einer KONTAKTAUFNAHME nach innen und aussen! Mutmassungen über das Wahr-genommene und starke, bildhafte Hypothesen, die die Linienqualität prägen und den eigenen Strich formen. Ideomotorisch - geschwurbelt ausgedrückt...Ein zorniger Strich ist kein bedrückter Strich ist kein nachdenklicher ist kein forscher ist kein achtsamer ist kein usw...
Die Herangehensweise ist hier also nur beinahe wie oben, denn diesmal ist der Zeichnende schon deutlicher beim Gegen-Stand (toll, was uns die Sprache so sagen lässt...), der Fokus schon etwas mehr auf das Modell gerichtet. Die Linie nimmt den Ausdruck des Gegenüber auf, es gibt Resonanzen, aber immer noch im Kritzelanfall. Man fliegt mit oder sinkt mit ein. Synergien. Empfindlich werden für Ansteckungen. Man spürt, was mit dem Gegenüber im Raum ist - und das immer auch in mir, wenn ich es Wahr-nehme!
Diese Haltung entdeckt also differnzierter das Gegenüber, das DU oder das ANDERE sozusagen, allmählich. Und wenns geht, einfühlend empfindlich für Differenz und Reibung und die Kräfte und Energien daraus. Saccadisch...Und das geht sogar mit herumliegendem Zeugs, nicht nur mit lebenden Menschen...
(1 Minute Posen)
2.SCHRITT
Blindzeichnen=Genauhinschauzeichnen:
Das Sehen wahr-nehmend. Ganz beim Modell. So gut wie blind fürs Blatt, auch wenn das Ergebnis zwangsläufig erst einmal monströs wird. Seis drum, dann umarme die Monster! Die phantastische Seite des Zeichnens entdecken. Ganz Auge für das Eigentümliche des Sehens. Dem Sehen beim Sehen zuschauen und das dabei emfindlich wie ein Erdbebenmesser protokollieren: Wie sich der Blick da festbeisst oder dort fort will und flüchtig wird. Und evtl. dabei merken, warum...
Das Sehen wahr-nehmend. Ganz beim Modell. So gut wie blind fürs Blatt, auch wenn das Ergebnis zwangsläufig erst einmal monströs wird. Seis drum, dann umarme die Monster! Die phantastische Seite des Zeichnens entdecken. Ganz Auge für das Eigentümliche des Sehens. Dem Sehen beim Sehen zuschauen und das dabei emfindlich wie ein Erdbebenmesser protokollieren: Wie sich der Blick da festbeisst oder dort fort will und flüchtig wird. Und evtl. dabei merken, warum...
Es reichen hier möglichst genau betrachtete Fragmente der Aussenkontur und/oder Binnenkontur(en). Das Zeichnen gibt hier Berichte von den Kletterwegen aussenherum oder mittendurch, die das Auge nimmt. Die Zeichnung zeigt die Wanderpfade der Augen, die die Hand führen. Die durch meinen Blick erweckte und belebte Linie verliert sich auf der Augen-Reise in Details. Der Zeichner wird zum winzigen Punkt der Griffelspitze auf "Flohtours", das Gegenüber zum ganz grossen Land...
Das Auge schaut dabei erheblich mehr auf das Modell (7 von 10 Blicken), gestattet sich nur gelegentliche, wenige Kontroll- und Anschlusspunktfindeblicke aufs Blatt (3 von 10 Blicken).
(1 und 5 Minuten Posen)
3.SCHRITT
Über das Allgemeine "MAN"...:
Messen wie ein Kontrabassist (oder Geiger oder Cellist) Oktaven, Quinten, Quarten, Terzen und Sekunden findet. Zunehmend ohne es bewußt zu denken - was nur geht, wenn man täglich seine Intervalle übt....Sonst wird es nie Musik! Bezogen auf das intendierte Kunststück geht es hier um den Generalbass sozusagen. Die Grundform. Beim Zeichner aber jetzt ein kompletter Haltungswechsel: Analysieren, vergleichen, Beziehungen und Richtungen sehen, rational und von Entscheidungsdruck geplagt beim bestimmenden Setzen von Markierungen. Eine konträre Welt zu den vorangegangenen Schritten. Da jetzt bemüht um das allgemein einseh- und überprüfbar Richtige also voll "linkshirnig". Damit scheinbar obsolet akademisch, old style also. Zu Ernst genommen aber, verhageln dir Idealisierungen das Blatt, die die unordentliche Natur aus ihm austreiben wollen. Die Controllettis der Kulturgeschichte stehen lästernd hinter jedem deiner Striche und rufen " falsch, hässlich, daneben, so wirds nix mit gut wie Leonardo, Raffael, Ingres...".
Die innere Haltung ist dabei gern kühl und sachlich beim Messen und Vergleichen, beim Allgemeinen der Regeln, also beim "MAN", beim historisch Bewährten, was man völlig emotionsfrei feststellen kann. Obwohl, es gibt auch eine Ekstase der Geometrie...
Nüchtern betrachtet aber geht es hier um die Basics der Form, die das Beurteilungsvermögen auf Trab bringen. Und das ist gut so, das braucht man unterwegs öfter mal.
Die einzig wirklich flott hinzukriegende Methode dieser Einheit ist das vergleichende Messen und Setzen von simplen linearen Markierungen. Diese halten möglichst einfach nur Grössenverhältnisse und Grenzen fest und können später dann zunehmend komplexere Zusammenhänge andeuten: Hüllformen, Massen, Grenzen, Richtungen, Bau und Konstruktion, ganz grob erfasst. Am Anfang aber reicht es einfach nur, wenn man wenigstens die simple Hüllform einigermassen richtig erfasst (also welche Höhe zu Breite, welche Neigungen), von der ausgehend man immer detaillierter nach Innen vergleichen kann.
Vorsicht heimliche Dipfelesschisser! Hier droht der Krampf oder wenigstens langweiliges und kunstfernes Regelerfüllen! Was keinen mehr interessiert. Ausser die, denen Photorealismus das Höchste des Könnens ist...
Die Linie hat hier erst einmal wenig persönlichen Ausdruck, ist in der Regel eine kurze Gerade, grau, unauffällig, zweckdienlich. Geradezu (be)amtlich. Etwas für Kunstvollzugsbeamte also. Alle andern gehen, jetzt gut orientiert, bald weiter zum nächsten Schritt.
(5, 10, 20 Minuten Posen)
4.SCHRITT:
...Zurück auf Los - aber jetzt auf höherem Niveau:
Und da einem mit dem Gerangel um Genauigkeit und dem ganzen langweiligen Messen jeder eigene Ausdruck und jede Lust womöglich vergangen ist - bald wieder zurück zum "Zeichner-Ich", der Eigenart, der persönlichen Sicht und vor allem der eigenen "Klaue" - die zeigt, wie der Zeichner sich und das Modell sieht, fühlt und in seinem Stil (der unter der Hand geschieht) darstellt. Im günstigsten Fall ist es dann aber ein Zurück auf anderem Niveau…
Also: Mach DEIN Ding!
Also: Mach DEIN Ding!
(20 Minuten Posen)